Das
Georg-Meistermann-Stipendium 2001 an Ulrike Möschel
(…) Von ganz anderem Temperament ist Ulrike Möschel, Jahrgang 1972, Studium in Münster und Düsseldorf, 1999 Meisterschülerin von Jannis Kounellis. Ihr Medium ist nicht das Bild, es sind die Systeme, die uns überall umgeben. Ulrike Möschel sieht sich um, wo sie in welches System eingreifen kann, um es vorzuführen im doppelten Sinne: wie funktioniert es? Und wie können die Faktoren des Funktionierens so verändert werden, dass das System selbst an seine Grenzen kommt, sich selbst diskutiert? Dabei geht es weniger um eine die physikalische oder funktionale als um eine psychologische Ebene- denn ihr tatsächliches Ziel ist die Unsicherheit des Nutzers/ Betrachters gegenüber einem System, das sich selbst an den Ecken ihres Funktionierens ins (Ver)zweifeln bringt
In changing places hatte sie die vielen verdeckten Bodensteckdosen mit flackerndem Licht versorgt, was man durch die Eingrifflöchern in den Deckeln bemerken konnte. „ Da flackert ewas. Ist da was kaputt?“ Die Irritation wuchs in die Knie und machte den gesamten Boden unsicher.
Sie selbst beschreibt eine Arbeit so: Ich habe in die Stromversorgung eine Glühbirne als Störfaktor hineininstalliert.
Diese befindet sich nun im `Kampf`` mit den Neonröhren. Die Leuchtkörper nehmen sich gegenseitig den Strom weg. Aber keine der Lampen kommt vollständig zum Erlöschen. Glüht die Neonlampe stark, ist das Licht der Glühbirne schwach. Das Kräfteverhältnis ändert sich ständig, so entsteht ein andauerndes Zucken und Zittern des Lichtes.
Wer den Raum betrat, dachte:“ Gleich gibt das Licht seinen Geist auf“, aber die Beleuchtungen zitterten weiter. Oder „ Gleich fliegt das ganze Haus in die Luft“- aber auch das ist nicht passiert“. ( Düsseldorf 1999)
Ulrike Möschel ist mit ihren Eingriffen weder didaktisch noch aufklärerisch, sondern einfach rigoros. So hatte sie ursprünglich vor, die Bodensteckdosen im Kunstverein miteinander durch zahlreiche Drähte zu verbinden und so den Strom-Kreislauf wieder herzustellen. Diese friedliche Elektroinstallation sollte viele „ offene Stellen“ haben, so dass erhebliche Gefahr für den bestand, der diesem Stromkreis zu nahe kommt- die allerdings auch für die, die für die Sicherheit der Besucher verantwortlich waren, zu hoch war. Aber gerade diese Gefahr war ihr Thema. Bereits in ihrem Düsseldorfer Atelier hatte sie eine ähnliche Arbeit realisiert, indem sie zwei Steckdosen mit einem Kabel in Verbindung setzte. Das eine Kabel wurde mechanisch leicht bewegt und verursachte bei dem Kontakt mit dem anderen immer wieder einen Kurzschluss.
Ulrike Möschel- und das ist das besondere ihrer Arbeit- führt ihre Auseinandersetzung aus einer künstlerischen Methode heraus, nicht von der Illustration systemtheoretischer Thesen und auch nicht vom spektakulären Effekt aus. Ihr „ Eingriff“ als plastische Arbeitsform ist eine radikale Umkehrung von Gestaltung, wenn sie, wie Möschel, das versucht, ihre Mittel nicht aus der ( Bild)Vorstellung oder Absicht ableitet, sondern sich umgekehrt ohne Rücksicht (Hierarchie) entwickeln lässt. Sofort ist Gefahr im Verzug für das Bild, die Skulptur, die Installation, denn es oder sie geht ganz auf in der labilen Entwicklung von Wirkung bei denen die diesem Eingriff- oft nur tangial- begegnen. Deshalb sind ihre künstlerischen Ausgangspunkte so einfach und präzise, z.B. im Umgang mit der Dimension des Raums: Eine Straßenbahn fährt wieder in Münster vom Ludgeriplatz zum Prinzipalmarkt. Der letzte Krieg hatte die Stadt und ihre Straßenbahn zerstört. Die neue ist allerdings sehr klein. Es sit die Modellstraßenbahn von Ulrike Möschel (1999).
Ein Kind, das die Schaukel prüfte, die Ulrike Möschel installiert hatte (Rundgang Düsseldorf 2001), deren Sitzfläche aus einer Gipsplatte bestand, brache es auf den Punkt: „ Ist das nun eine Schaukel? Eine Schaukel ist es doch erst, wenn man sich draufsetzen kann“.
Bernhard Balkenhol. in: Magazinum Fridercianum, Kassel, 2001.
(…) Von ganz anderem Temperament ist Ulrike Möschel, Jahrgang 1972, Studium in Münster und Düsseldorf, 1999 Meisterschülerin von Jannis Kounellis. Ihr Medium ist nicht das Bild, es sind die Systeme, die uns überall umgeben. Ulrike Möschel sieht sich um, wo sie in welches System eingreifen kann, um es vorzuführen im doppelten Sinne: wie funktioniert es? Und wie können die Faktoren des Funktionierens so verändert werden, dass das System selbst an seine Grenzen kommt, sich selbst diskutiert? Dabei geht es weniger um eine die physikalische oder funktionale als um eine psychologische Ebene- denn ihr tatsächliches Ziel ist die Unsicherheit des Nutzers/ Betrachters gegenüber einem System, das sich selbst an den Ecken ihres Funktionierens ins (Ver)zweifeln bringt
In changing places hatte sie die vielen verdeckten Bodensteckdosen mit flackerndem Licht versorgt, was man durch die Eingrifflöchern in den Deckeln bemerken konnte. „ Da flackert ewas. Ist da was kaputt?“ Die Irritation wuchs in die Knie und machte den gesamten Boden unsicher.
Sie selbst beschreibt eine Arbeit so: Ich habe in die Stromversorgung eine Glühbirne als Störfaktor hineininstalliert.
Diese befindet sich nun im `Kampf`` mit den Neonröhren. Die Leuchtkörper nehmen sich gegenseitig den Strom weg. Aber keine der Lampen kommt vollständig zum Erlöschen. Glüht die Neonlampe stark, ist das Licht der Glühbirne schwach. Das Kräfteverhältnis ändert sich ständig, so entsteht ein andauerndes Zucken und Zittern des Lichtes.
Wer den Raum betrat, dachte:“ Gleich gibt das Licht seinen Geist auf“, aber die Beleuchtungen zitterten weiter. Oder „ Gleich fliegt das ganze Haus in die Luft“- aber auch das ist nicht passiert“. ( Düsseldorf 1999)
Ulrike Möschel ist mit ihren Eingriffen weder didaktisch noch aufklärerisch, sondern einfach rigoros. So hatte sie ursprünglich vor, die Bodensteckdosen im Kunstverein miteinander durch zahlreiche Drähte zu verbinden und so den Strom-Kreislauf wieder herzustellen. Diese friedliche Elektroinstallation sollte viele „ offene Stellen“ haben, so dass erhebliche Gefahr für den bestand, der diesem Stromkreis zu nahe kommt- die allerdings auch für die, die für die Sicherheit der Besucher verantwortlich waren, zu hoch war. Aber gerade diese Gefahr war ihr Thema. Bereits in ihrem Düsseldorfer Atelier hatte sie eine ähnliche Arbeit realisiert, indem sie zwei Steckdosen mit einem Kabel in Verbindung setzte. Das eine Kabel wurde mechanisch leicht bewegt und verursachte bei dem Kontakt mit dem anderen immer wieder einen Kurzschluss.
Ulrike Möschel- und das ist das besondere ihrer Arbeit- führt ihre Auseinandersetzung aus einer künstlerischen Methode heraus, nicht von der Illustration systemtheoretischer Thesen und auch nicht vom spektakulären Effekt aus. Ihr „ Eingriff“ als plastische Arbeitsform ist eine radikale Umkehrung von Gestaltung, wenn sie, wie Möschel, das versucht, ihre Mittel nicht aus der ( Bild)Vorstellung oder Absicht ableitet, sondern sich umgekehrt ohne Rücksicht (Hierarchie) entwickeln lässt. Sofort ist Gefahr im Verzug für das Bild, die Skulptur, die Installation, denn es oder sie geht ganz auf in der labilen Entwicklung von Wirkung bei denen die diesem Eingriff- oft nur tangial- begegnen. Deshalb sind ihre künstlerischen Ausgangspunkte so einfach und präzise, z.B. im Umgang mit der Dimension des Raums: Eine Straßenbahn fährt wieder in Münster vom Ludgeriplatz zum Prinzipalmarkt. Der letzte Krieg hatte die Stadt und ihre Straßenbahn zerstört. Die neue ist allerdings sehr klein. Es sit die Modellstraßenbahn von Ulrike Möschel (1999).
Ein Kind, das die Schaukel prüfte, die Ulrike Möschel installiert hatte (Rundgang Düsseldorf 2001), deren Sitzfläche aus einer Gipsplatte bestand, brache es auf den Punkt: „ Ist das nun eine Schaukel? Eine Schaukel ist es doch erst, wenn man sich draufsetzen kann“.
Bernhard Balkenhol. in: Magazinum Fridercianum, Kassel, 2001.